Ein Hirte lässt seine Herde nur ungern ungeschützt alleine auf einer Wiese zum Weiden zurück. Zu groß ist das Risiko, dass sich ein Räuber an den Schafen oder Ziegen gütlich tut. Insbesondere durch die Rückkehr des Wolfes in deutsche Wälder wird der Herdenschutz immer häufiger diskutiert. Und da bieten sich so einige Möglichkeiten
Das kleine Schwarze unter den Herdenschutzmethoden: Zäune
Sie werden wohl nie aus der Mode kommen, denn sie haben sich über Jahrzehnte bewiesen: Schutzzäune. Sie halten die Herde nicht nur dort, wo sie sein soll, sondern auch die Raubtiere draußen. Stacheldraht, Elektro, fest oder beweglich – es gibt fast so viele Zaunvarianten wie Herdentiere. Besonders an Kuhweiden werden oftmals Metall- oder Stacheldrahtzäune mit massiven Holzpflöcken verwendet. Einmal errichtet, müssen sie nur hin und wieder kontrolliert und gegebenenfalls repariert werden. Sie eignen sich allerdings nicht für jede Tierart. Hühnern beispielsweise bietet ein Stacheldrahtzaun keinen ausreichenden Schutz. Marder und Fuchs schlüpfen einfach darunter durch. Selbst für größere Raubtiere stellen die Zäune nicht immer ein Hindernis dar. Ein Wolf beispielsweise kann einfach darüber springen. Außerdem können sich Wildtiere beim Versuch, die Zäune zu überwinden, schwer bis tödlich verletzen.
Auch Elektrozäune sind keinesfalls unüberwindlich für Beutegreifer. Nichtsdestotrotz erzielen sie bessere Erfolge bei der Räuberabwehr als Stachel- oder Metalldrahtzäune. Außerdem können die Varianten mit Plastikstäben und Stoffnetzen bei einem Weidenwechsel einfach versetzt und in der Größe flexibel angepasst werden.
Anlagen wie Hühner- und Kaninchenställe müssen nicht nur zu den Seiten, sondern auch nach oben hin gegen Raubvögel gesichert werden. Dies kann mit Netzen oder Zaunteilen erfolgen, je nach Aufbau der Anlage.
Herdenschutzhunde
Es gibt ein paar Tierarten, die sich als abschreckend für Räuber und damit als äußerst effektiv im Herdenschutz erwiesen haben. Am bekanntesten sind die Herdenschutz- oder Hirtenhunde. Sie bleiben alleine bei der Herde, wenn der Hirte fort ist, und sorgen mit ihrem Erscheinungsbild und wachsamem Gebell für den Schutz der Herde. Die meisten Räuber lassen sich davon bereits abschrecken. Diese Taktik funktioniert sowohl bei größeren als auch bei kleineren Wildtieren. Die tierischen Bewacher müssen allerdings von klein auf an ihre Aufgabe herangeführt werden und die Herde kennenlernen. Hinzu kommt, dass das Bewachen der Herde nicht ganz risikofrei ist. Hin und wieder kommt es zu Auseinandersetzungen mit Räubern und infolgedessen zu Verletzungen.
Bestimmte Hunderassen, wie der Maremmano Abruzzese oder der Pyrenäenberghund, wurden speziell für diesen Zweck gezüchtet. Besonders wenn es sich um eine unbehirtete Herde handelt, lassen sich Herdenschutzhunde nur einsetzen, wenn die Weide fern ab vom Tourismusbetrieb und anderen Ablenkungen liegt. Die Tiere müssen dann allerdings auch an einen Futterautomaten gewöhnt werden und sollten dennoch mindestens zwei Mal pro Woche vom Hirten kontrolliert werden.
Andere Arten von Herdenschutztieren
Auch Esel eigenen sich hierfür gut. Sie erkennen Gefahr genauso schnell wie Herdenschutzhunde und schlagen ebenfalls Alarm. Es empfehlen sich mittelgroße bis große Tiere, die eine entsprechend stärkere abschreckende Wirkung auf Räuber haben. Früher wurden Esel meist einzeln in der Herde gehalten, damit sie nicht von ihren Artgenossen abgelenkt werden. Dies verstößt allerdings gegen das Tierschutzgesetz, wie das Verwaltungsgericht in Trier im Juli 2014 feststellte. Die zu schützende Herde sollte auch nicht zu groß sein. Bis zu einem Bestand von etwa 100 Tieren sind Esel zuverlässige Beschützer. Das Gelände darf zudem nicht unübersichtlich, unwegig oder verbuscht sein. In Gegenwart von Wolfsrudeln werden die Esel unzuverlässiger.
In unseren Breitengraden eher seltener kommen Lamas zum Einsatz. Die Schweizer Organisation “AGRIDEA” für die Entwicklung der Landwirtschaft und des landwirtschaftlichen Raumes startete 2012 zusammen mit der ETH Zürich ein Pilotprojekt. Es hat sich gezeigt, dass sich Lamas durchaus als Herdenschützer eignen. Allerdings müssen sie so früh wie möglich integriert werden. Die Herden sollten klein, homogen und möglichst dicht beeinander stehend, die Weiden überschaubar und eingezäunt sein. Einzeltiere sind wachsamer, Einzelhaltung ist allerdings nicht artgerecht und daher aus tierschutzrechtlicher Sicht verboten. Ihre kleineren Verwandten, die Alpakas, sind aufgrund der Größe und weniger natürlichen Wachsamkeit nicht als Herdenschutztiere geeignet.
Jagd auf die Räuber
Ein ganz anderer Ansatz in Sachen Herdenschutz ist die verstärkte Bejagung der Räuber. Je weniger Raubtiere, desto geringer die Chance, dass sie die Herde angreifen. Diese Methode ist aber äußerst umstritten. Zum einen ist die Ausrottung von ganzen Tierpopulationen aus Sicht des Artenschutzes nicht vertretbar. Zum anderen würde es jegliche Bemühungen untergraben, die betroffenen Tierarten wieder anzusiedeln. Immerhin gibt es oben genannte Alternativen, um die Räuber fernzuhalten.